Die Pueblos Jovenes von Lima

Die pueblos jovenes von Lima sind eine Welt, die wir nicht nach unseren Richtlinien ermessen oder erfassen können. Es ist wie ein ewiges Spiel. Die Menschen bewohnen das Land, verkaufen es, ziehen weiter, immer weiter nach oben an die staubigen, trockenen Hänge der Wüstenstadt.

Ein Motocar bahnt sich seinen Weg durch die pueblos jovenes.
Ein Motocar bahnt sich seinen Weg durch die pueblos jovenes.

Wasser gibt es dennoch, besonders in der Wahlkampfzeit, und immer wieder sieht man Bagger, die Platz für neue Wohnflächen graben. Schlicht gesagt, sind die pueblos jovenes von Lima mit keinen Slums der Welt zu vergleichen. Wer hier das Land besetzt und eine Zeit von um den fünf Jahren am selben Hangplatz verweilt, wird zum legalen Eigentümer dieses Grundes. Manche bleiben auf dem ergatterten Landstück, andere sind auf der ewigen Suche. Einmal in den pueblos jovenes angesiedelt, verlassen die Bewohner sie jedoch selten. Eher bauen sie ihren Wohnraum weiter aus. Erst kommen die Menschen, dann die Infrastruktur.

Welten aus Staub und Stacheln

Lose Kabel baumeln von allen Seiten herunter, spannen sich von Hütte zu Hütte, und einzelne Bretter und Stahlstangen ragen an allen Ecken und Enden aus dem Getümmel aus Staub und Farben heraus. Überall in den pueblos jovenes stromern Hunde herum. Sie laufen hinter Menschen in Abfallbergen her und wühlen sich durch den Dreck während sie miteinander spielen, kläffend umeinander tollen oder zusammengerollt am Straßenrand oder auf den wenigen Grünflächen dösen. Kein Teil der pueblos jovenes von Lima darf besser aussehen als der andere. Graubraune Geröllflächen reihen sich aneinander, an ihnen klammern sich die Hütten wie klebrige Farbkleckse auf spröder Erde.

Hunde über Hunde über Menschen stromern durch die pueblos jovenes von Lima.
Hunde über Hunde über Menschen stromern durch die pueblos jovenes von Lima.

Mitten zwischen den vielen, buntverstaubten Hütten steht ein Zirkuszelt auf einer Anhebung: ein bizarrer Anblick, umso mehr, als mir erklärt wird, dass dies keinesfalls ein ausgemustertes Zelt ist, sondern es hier tatsächlich Zirkusvorstellungen gibt. Während der Zirkus gastiert, sinkt die Zahl der Straßenhunde beachtlich…

Vorhang auf!
Vorhang auf!

Zwischen den wirren Erdflecken, Hunden und sich den Weg bahnenden Motokars haben auch Schulen ihren Platz an den Hängen der pueblos jovenes von Lima gefunden. Schüler singen und tanzen in ihren Uniformen eine Choreographie auf den glatten, sauberen Fliesen. Über der Schule sind Büsche und kleine Beete angepflanzt. Müll wird getrennt, recyclet oder kompostiert.

Dornige Farbpracht
Dornige Farbpracht

Pinke Blumen blühen vor der im Dunst verblassenden Kulisse und zwei bunte Papageien sitzen in einer aufgebrochenen, Freiheit versprechenden Voliere. Vielen Papageien und Sittichen in Südamerika werden die Flügel gestutzt, damit sie nicht mehr davonfliegen und die Menschen ihrer habhaft werden können, doch diese scheinen unverletzt und ungebrochen. Ebenso wie die Bewohner der pueblos jovenes von Lima scheinen sie keinen Grund zu finden oder keine Möglichkeit zu sehen, ihre Hanglage so plötzlich zu verlassen. Ich betrachte sie noch eine Weile, spiele mit dem Rand ihrer Voliere und gehe schließlich unter ihren fedrigen Blicken die Hänge wieder alleine herunter.

Sie fliegen nicht davon.

Alternative Stadtrundfahrt mit Alois Kennerknecht in Lima

Wer sich in die pueblos jovenes von Lima begibt, ist am Besten mit dem Agraringenieur Alois Kennerknecht unterwegs. Er kennt sich in Lima so aus, dass nicht einmal die Taxifahrer ihn in der gigantischen Metropole zu täuschen vermögen, und gerade in den pueblos jovenes ist er alles andere als eine unbekannte Persönlichkeit. Alois verfügt über ein geradezu ungeheures Wissen über die peruanische Hauptstadt und in seiner Begleitung kann man sicher sein, eine geballte Mischung aus politischem Pessimismus und Fakten über Städtewachstum, Landflucht, Nachhaltigkeit und Wassermangel abzubekommen.

Gefühlt hat Alois 1000 interessante Projekte gleichzeitig am Start: Da wären die Nebelfänger von Lima, das Ökosilo-System, das er unter anderem an den Schulen Escuela de Vida und Las 200 Millas umsetzt sowie die Pflanzenkläranlagen mit der Vetiver-Pflanze.

Bei einer alternativen Stadtrundfahrt mit Alois Kennerknecht gibt es keine feste Route, stattdessen hat man das Gefühl, Lima selbst nimmt alle mit auf eine Reise, die er dann den gebannten Teilnehmern zu erklären versucht. Wer sich speziell für eines der Projekte (z.B. die Vetiver viveros) interessiert, kann das natürlich äußern und Alois auf diesem Weg begleiten, der ein bisschen ist wie Lima selbst: unstet, grau und bunt zugleich, erschreckend, hoffnungsvoll und immer für eine Überraschung gut.

Da Alois schwer beschäftigt ist, empfiehlt es sich, ihm schon weit im Voraus per Mail oder Telefon sein Interesse an einer alternativen Stadtrundfahrt zu bekunden.

Projektinfos und mögliche Kontaktaufnahme mit Alois Kennerknecht

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